WALSER, Martin [1927-2023]: Eigenhändiges Manuskript "Die Stadt der Städte" mit Unterschrift. Beiliegend Foto mit eh. Unterschrift. Ohne Ort und Datum, Quart. 29,5 x 21 cm. 11 Seiten. Mit zahlreichen Streichungen und Zusätzen. Auf den Rückseiten von Typoskriptblättern seines Romans "Angstblüte" (2006) geschrieben.

Artikelnummer: 27340
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  • EIN LOBLIED AUF LEIPZIG: "LESE-STADT NR. 1" "Zum ersten Mal habe ich in Leipzig, glaube ich, am 7. März 1981 gelesen. Im Gewölbe der Bastei, das von den Studenten wieder ausgegraben worden war. Es war ein Samstagvormittag. Eingeladen hatte Professor Pezold. Ich wohnte im Hotel Astoria, Zimmer 103. Meine Reisebuchführung sagt, daß ich auch bei späteren Lesungen in diesem schwermütigen Hotel wohnte... Die Vorhänge waren kaum dazu zu bewegen, noch Tageslicht hereinzulassen. Aber unten, der Speisesaal machte alles wieder gut: eine gewaltige figurenreiche Tübke-Wand. Das erwähne ich nur, weil es nichts mehr davon gibt. Ich habe im Gohliser Schlößchen gelesen, in der Städtischen Bibliothek, Alten Rathaussaal, im Haus des Buches, im Lese-Cafe in der Kuppelhalle des LVZ und wieder in der Bastei. Jetzt lädt Michael Hametner ein. Seine allen Untiefen gewachsene Steuerfähigkeit könnte den Lesenden leichtsinnig werden lassen. Und das wäre falsch. Ich weiß aus Erfahrung: Eine Lesung ist immer zuerst ein Porträt des Veranstalters und seines Publikums und erst in zweiter Linie die Wirkung dessen, der da liest. Die erste Lesung war die riskanteste. Das spürten auch die Studenten. Von mir war zwar nichts Provozierendes zu befürchten. ... Natürlich versuchte ich, als ich in Leipzig einem Mächtigen gegenübersaß, ihn dazu zu bewegen, meinen Kollegen Gerd Neumann besser zu behandeln. Immerhin ist er der Verfasser des ebenso inhaltsreichen, wie stilistisch abenteuerlich schönen und, was die DDR betraf, sicher hochgenauen Romans ‘Elf Uhr’. Dann wurde ich bekannt gemacht mit dem Satz eines anderen Mächtigen: Neumann gefährde den Weltfrieden und die Existenz der DDR ... Leipzig war aber schon in der DDR-Zeit auf der Landkarte nach den Saalerlebnisse(n) die Lese-Stadt Nummer 1 geworden ... In Leipzig entdeckten die Zuhörer Sätze, die man selber noch gar nicht entdeckt hat. Und die Leipziger verfügen über ein Maß an spontaner Ausdruckskraft, das den Vorlesenden in die Illusion wiegt, er werde von der Zustimmung der Zuhörer getragen." - Beiliegend eine farbige Portraitphotographie mit eigenhändigem Namenszug auf der Bildseite, aufgenommen während seiner Dankesrede beim Festakt in der Frankfurter Paulskirche am 11. Oktober 1998 als er mit dem Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels auszeichnet wurde (17,5×23,5 cm. Aufnahme: Faßbender).
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