KERNER, Justinus [1786-1862]: Eigenhändiger Brief mit einem eingeschobenen 20-zeiligen Gedicht und Unterschrift. Weinsb[er]g,, 31. O[kto]b[er] [18]54.. Oktav. 20 x 16 cm. 4 1/2 Seiten. Knickfalten.

Artikelnummer: 18337
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  • "IN LIEBE EUER UNGLÜCKLICHER FREUND JUSTINUS KERNER" Ausführlicher Brief an den befreundeten Juristen und Obertribunalpräsidenten Gustav von Pfaff in Esslingen. Kerners geliebte Frau Friederike, genannt "Rickele", war im April 1854 gestorben. Die beiden waren über 40 Jahre glücklich verheiratet und Kerner verewigte sie in zahlreichen Gedichten. "Herzlieber Freund! Es war mir sehr arg, dass ich euch an jenem Tage wo ich zu Stuttgart war, nicht besuchen durfte. Ich reiste von da aus mit meiner Maria [Kerners Tochter] nach Meersburg, wo ich 3. Wochen lang bey dem herrlichen v. Lassberg auf der alten Meersburg verweilte Als ich zurückreiste, waret ihr fort u. wo ihr waret u. wan(n) ihr zurückkehrtet, oder überhaupt ob ihr noch lebet, weiss ich nicht". Auf Einladung Lassbergs war Kerner im Juli nach Meersburg, um seine Studien über Franz Anton Mesmer aufzunehmen und im August nach Hause zurückgekehrt. Seit dem Tod seiner Frau, klagt er, "Mein Leben ist und bleibt kein Leben mehr, auch habe ich keine Heimath mehr u. mit meiner Muse ist es auch aus." Seine Stimmung beschreibt er in einem 20-zeiligen Gedicht näher: "Keine Muse hab ich mehr! / Seit Sie ist von mir gegangen / Meiner Leyer Seiten sprangen / Hab ich Muse mehr. / Keinen Him(m)el hab ich mehr! / Seit ihr Auge sie geschlossen / Daraus ein Him(m)el mir geflossen / Hab ich keinen Him(m)el mehr! / Hab ich keine Erde mehr! / Irr' ich wie vom Sturm verschlagen / Eine Möwe irrt voll Klagen / Übr'em bodenlosen Meere / Über einem Meer voll Nacht, / Über einem Meer voll Kum(m)er, / Wo nicht Ruhe ist, nicht Schlum(m)er, / Kalte Wirklichkeit nur wacht. / Ew'ge Liebe! führe du / Fort mich aus dem Meer, dem trüben / Auf zum Him(m)el meiner Lieben, / Oder ew'gem Schlum(m)er zu." "Dies sende ich deiner lieben Frau wen(n) ich es ihr nicht schon gab. O dass euch nie dies Unglück treffe!" Kerner kündigt an, "ein sehr lieber Freund Bröm" werde Pfaffs besuchen über ihn könnten sie Nachrichten austauschen. Dieser wolle "sich um Franks Stelle in Erlangen melden" und obwohl er seinen Weggang sehr bedauern würde, "empfehle ich dir seine Sache zur kräftigen Unterstützung recht herzlich". Auch seine Familie sei ein "angenehmer Umgang" und dessen Töchter "der einzige Umgang der Mädchen meiner Marie", Kerners Enkelkinder. "Dass ich noch schreiben kan(n) siehst du, aber es geschieht mit Anstrengung u. Schmerz u. täglich nehmen wie die körperlichen, auch meine geistigen Kräfte ab. Gott aber erhalte auch! In Liebe euer unglücklicher Freund Justinus Kerner". - Sämtliche Werke ca. 1910. Bd 2, S. 170.
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