Objekt des Monats Oktober 2018

  

Zum 75. Todestag von Max Reinhardt

(ursprünglich: Maximilian Goldmann)
(geboren am 9. September 1873 in Baden bei Wien, gestorben am 31. Oktober 1943 in New York City)

Max Reinhardt, Theaterschauspieler, Theater- und Filmregisseur, Intendant, Theaterproduzent, Gründer zahlreicher Theater in Berlin und Wien und Mitbegründer des Salzburger Festspiele, war aufgrund seiner jüdischen Wurzeln gezwungen, 1937 endgültig in die Vereinigten Staaten von Amerika zu emigrieren. Dort eröffnete er in Hollywood die Theater- und Filmakademie „Max Reinhardt Workshop for Stage, Screen and Radio“, in der auch seine Frau Helene Thiming als Dozentin und Direktorin arbeitete. 1941 folgte der Umzug nach New York nachdem er die aktive Mitarbeit am „Workshop“ aufgegeben hatte.

Der Inhalt seines Briefes, Flucht und Vertreibung, hat bis heute nichts an Akualität eingebüßt.


Eigenhändiger Brief mit Unterschrift von Max Reinhardt  

REINHARDT, Max (1873-1943) Eigenhändiger Brief mit Unterschrift. 24.XII.1940. Quart. 1 1/3 S.

- verkauft -

Bedeutender Brief an die gleich ihm in die USA emigrierte Schauspielerin und Autorin Charlotte Hagenbruch (1896-1968), Ehefrau des Filmregisseurs Wilhelm (ab 1930 William) Dieterle, deren unermüdliche Hilfe für die Emigranten er preist. "... Ich kann mir schwer eine Zeit vorstellen, in der die Hilfe notwendiger gewesen wäre, als in der unsrigen. Es ist keine Zeit dumpfer Völkerwanderungen. Es sind aufgestörte Individuen, die heute wandern. Flüchtlinge vor dem Verfluchten, Flüchtlinge vor dem eigenen Fluch. Es ist kein Prophet, der sie durch Meer und Wüste führt. Es ist die Erkenntnis, dass die vielgerühmten Fortschritte der Menschheit, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit noch immer Dichtung und keine lebendige Wahrheit sind. Es ist die Erkenntnis dieser sündigen Blöße, welche die Menschen um den Erdball jagt. Manchmal denke ich, dass Sie selbst nicht den ganzen Umfang Ihrer Sendung übersehen, dass Sie sie nur einfach erfüllen. Daran glaube ich aber seit dem ersten Tag unserer Begegnung in der neuen Welt ... Ich höre viel ... von Menschen, die noch vor erschreckend kurzer Zeit von der Gestapo durch Frankreich gehetzt wurden, die das Gift in der Tasche bereit hielten und die plötzlich von einem unbekannten Geschick beim Schopf gepackt und wie im Traum hierher versetzt wurden. Hier erfuhren sie erst, dass dieses Geschick Charlotte Dieterle heisst ... Ich sehe, wie Sie mit geheimnisvoll ruhelosen Händen im Stillen den Kampf der Creatur lindern, wie Sie mit dem Lächeln übermenschlicher Anstrengung etwas von dem Licht und der ewigen Ordnung der Sterne in diese noch sehr chaotische und dunkle Welt zu bringen suchen. Und da ich selbst einer bin, dem Sie Ihre gesegnete Hand immer wieder reichten, beuge ich mich heute tief über sie und danke Ihnen. Ich schenke Ihnen beiden die geheimnisvolle Hand, die ich vor sechs Jahren, wie getrieben, gleich nach meiner Ankunft in San Francisco erwarb ... Da ich nur schenken kann, was ich besitze und nur schenken will, was ich gerne besitze, bitte ich Sie, diese Hand zu nehmen ...".
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